Links überspringen

„Wer langfristig auf Berlin setzt, kann nur gewinnen“

Im Gespräch mit Sascha Moayedi, Engel & Völkers Top-Agent und Experte für den Berliner Immobilienmarkt

Wie entwickelt sich der Immobilienmarkt? Wo lohnen sich Investments? Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie? Sind Wohn- und Geschäftshäuser eine attraktive Anlageklasse? Über diese und weitere wichtige Fragen haben wir mit dem mehrfach ausgezeichneten Immobilienexperten Sascha Moayedi gesprochen.

Sascha Moayedi ist seit 2004 bei Engel & Völkers Commercial in Berlin als Senior Consultant Investment tätig. Engel & Völkers Commercial ist in mehr als 60 Märkten in Deutschland mit rund 600 Immobilienexperten vertreten. Der Fokus des Geschäfts liegt auf der Vermittlung von Anlageimmobilien und Grundstücken sowie Bürogebäuden, Einzelhandels- und Industrieflächen in Berlin.

In den Jahren 2014 bis 2018 ist Sascha Moayedi als Engel & Völkers Top-Agent ausgezeichnet worden, viermal davon weltweit auf Platz eins. Zudem ist er seit Ende 2016 Engel & Völkers-Lizenzpartner am Standort Magdeburg. Weit über Berlin hinaus ist er auch als Gastgeber seiner „Private Real Estate Dinner“ bekannt, bei denen hochrangige Gäste aus der Immobilienwirtschaft zusammenkommen, aktuelle Entwicklungen diskutieren und für gute Zwecke spenden – Anfang 2020 mehr als 100.000 Euro für Berliner Gesundheitsprojekte. Exklusiv – Immobilien in Berlin hat den Immobilienexperten interviewt.


Herr Moayedi, die Verkaufszahlen und auch die Preise des Berliner Immobilienmarkts kannten in den vergangenen zehn Jahren nur eine Richtung – nach oben. Was ist das Besondere am Immobilienmarkt der Hauptstadt und wie wird er sich nach Ihrer Einschätzung in den nächsten Jahren weiterentwickeln?

Die Preisentwicklung der letzten zehn Jahre bildet die positive Entwicklung Berlins ab. Mit einem Wachstum von 1,9 Prozent ist Berlin das ökonomisch dynamischste Bundesland. Zwischen 2011 und 2016 ist die Stadt um durchschnittlich rund 45.000 Personen pro Jahr gewachsen. Auch wenn die Dynamik in den letzten Jahren abgeflacht ist und die Zuzugszahlen – auch Corona-bedingt – im ersten Halbjahr 2020 erstmals leicht rückläufig waren, geht der Senat weiterhin von einem kräftigen Bevölkerungszuwachs aus: Von aktuell 3,76 Millionen Einwohnern auf knapp 4 Millionen Einwohner bis 2030.

Berlin ist nicht nur ein Magnet für Zuziehende und für Touristen aus aller Welt, sondern bietet mittlerweile auch hervorragende Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Insbesondere der Gründerszene verdankt die Stadt einen Großteil ihrer Dynamik. Der aktuelle Zyklus am Berliner Immobilienmarkt hat bis Ende 2019 noch einmal einen deutlichen Preisauftrieb ergeben.

Momentan erlebt der Markt eher eine Seitwärtsbewegung und in Teilmärkten eine leichte Korrektur – neben den gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten infolge der Pandemie, auch bedingt durch den anhaltenden Angebotsmangel am Wohnungsmarkt aufgrund der über Jahre zu geringen Neubauzahl.

Auf der Suche nach einer verfügbaren und erschwinglichen Immobilie wandern immer mehr Deutsche aus den Großstädten ins Umland ab. Auch in anderen europäischen Metropolen wie London ist das zu beobachten. Wird sich dieser Trend in Berlin und im Brandenburger Umland ebenfalls fortsetzen – befördert durch das zunehmende Arbeiten im Homeoffice während der Pandemie?

Der Trend ins Berliner Umland ist unverkennbar. Das zuletzt verlangsamte Bevölkerungswachstum ist zu einem großen Teil auch auf die Abwanderung junger Familien wegen des Wohnraummangels zurückzuführen: 2019 zogen rund 34.500 Berliner nach Brandenburg, doppelt so viele wie in die andere Richtung. Wenn die Neubautätigkeit nicht umgehend gesteigert wird, setzt sich dieser Trend fort.

Die rund 12.800 erteilten Baugenehmigungen von Januar bis Juli 2020 reichen dafür bei weitem nicht aus. 2019 wurden insgesamt lediglich 18.999 Wohnungen fertiggestellt. Damit fehlen in Berlin noch immer 145.000 Wohnungen, laut Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin (IBB) aus März 2020. Insbesondere beim Bedarf bezahlbarer Wohnungen ist die Politik gefragt und gefordert wie nie zuvor.

Zusätzlich beschleunigt wird der Abwanderungstrend in den vergangenen Monaten durch die Corona-Pandemie: In der Tat ist zu beobachten, dass die Nähe der Wohnung zum Arbeitsplatz durch zunehmendes Homeoffice mit Telefon- und Videokonferenzen an Bedeutung verliert. Entscheidend für die Wohnungswahl im Berliner Umland und in den äußeren Randbezirken bleibt dennoch eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr und nach Möglichkeit an die Autobahn, sowie eine gut ausgebaute Infrastruktur mit Nahversorgung, Schulen und Kitas. Unter diesen Umständen ist es natürlich insbesondere für die wegziehenden Familien attraktiv, für gleiches Geld mehr Wohnfläche und eventuell auch einen Garten zu haben.

Durch vergleichsweise weniger regulierende Markteingriffe bietet das Berliner Umland auch für Investoren potenziell gute Renditeaussichten: In Brandenburg gibt es keinen Mietendeckel.
„Wer langfristig auf Berlin setzt, kann nur gewinnen“

Die Corona-Pandemie hat sich auf viele Wirtschaftszweige katastrophal ausgewirkt. Der Immobilienmarkt ist hingegen kaum betroffen, auch die Preise steigen weiter. Worauf führen Sie das zurück? Und welche Risiken sehen Sie noch in Bezug auf Corona?

Man muss den Immobilienmarkt und die einzelnen Assetklassen sehr differenziert betrachten. Der Hotelmarkt ist teilweise massiv eingebrochen angesichts der ausbleibenden Touristen. Auch der Retail-Bereich mit Gastronomie und Enzelhandelsflächen ist sehr wohl von der Corona-Pandemie betroffen und damit auch deren Mieter und Eigentümer.

Im Büroinvestment erlebe ich, dass einige Firmen ihr Suchprofil überdenken. Kleinere Unternehmen und insbesondere Start-ups haben natürlich in solch einer Krise weniger Ausdauer und sind stärker betroffen. Das wirkt sich auf die Flächengesuche und langfristig womöglich auch auf den Mietzins aus. Besonders hochwertige Projekte in Top-Lagen, wie beispielsweise die Büroentwicklungen am neuen Tacheles-Quartier in Berlin-Mitte, sind hiervon ausgenommen, das haben vergangene Krisen gezeigt. Projekte der mittleren Klasse können dagegen schon unter Druck kommen.

Vergleichsweise wenig betroffen und krisenfest ist der Wohnimmobilienmarkt in Berlin – nicht nur angesichts der Pandemie, sondern auch trotz politischer Regulierungen durch den Mietendeckel, die Mietpreisbremse, Milieuschutzgebiete und drohender Umwandlungsverbote. Damit zeigt sich die Assetklasse Wohnen in der aktuellen Zeit einmal mehr als besonders attraktiv für Anleger.

Solange die staatlichen Eingriffe nicht überhandnehmen, wird insbesondere der Markt für Wohn- und Geschäftshäuser immer ein Markt sein, auf dem man sein Produkt sehr gut platzieren kann. Wer dabei langfristig auf Berlin setzt, kann nur gewinnen.

Investoren, die sich für die Anlageklasse Wohn- und Geschäftshäuser interessieren, sind unterschiedlich orientiert: Manche legen viel Wert auf die Sicherheit ihres Investments, andere sind sehr risikofreudig und an hohen Renditen interessiert. Welche Ausrichtung überwiegt und wie entwickelt sich dieses Marktsegment?

Im aktuellen Immobilienmarktbericht des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin (GAA) hat es der Vorsitzende Reiner Rössler schon vorweggenommen: In Berlin ist demnach eine zunehmende käuferseitige Zurückhaltung zu beobachten. Der Ausblick auf das Jahr 2020 zeigt laut GAA erste Anzeichen einer Änderung im allgemeinen Marktverhalten mit zum Teil überdeutlichen Umsatzrückgängen. In 2019 wurden nur noch 887 Wohn- und Geschäftshäuser gehandelt, was einem Rückgang von 15 Prozent gegenüber 2018 entspricht. – Hier zeigen sich die Auswirkungen des Mietendeckels ebenso wie die allgemeinen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie.

Aktuell stellen wir jedoch wieder eine verstärkte Nachfrage insbesondere bei den privaten Investoren fest und sind für das letzte Quartal 2020 sehr zuversichtlich und gut aufgestellt. Darüber hinaus verhandeln wir einige größere Portfoliotransaktionen mit den großen, etablierten Marktteilnehmern.

Generell kann ich Investoren mit einem Anlagehorizont von zehn Jahren und mehr weiterhin sehr zu Berliner Wohn- und Geschäftshäusern raten – als langfristige Absicherung mit konservativer Wertsteigerung, und bei einem immer noch sehr niedrigen Zinsniveau für die Finanzierung.

Aufgrund der Einstiegspreise und Faktoren ist diese Assetklasse für kurzfristig orientierte Anleger üblicherweise weniger geeignet. Höhere Renditen, auf die diese Investoren abzielen, sind bei Bestandsgebäuden derzeit im Wesentlichen nur noch mit der Umwandlung von Miet- und dem Verkauf von Eigentumswohnungen realisierbar. Gleiches gilt für den Neubau sowie für Grundstücksentwicklungen und Büroinvestments, wobei hier die Lage maßgeblich entscheidend ist.

Bei privaten Anlegern stehen gerade Eigentumswohnungen schon lange hoch im Kurs. Wie schätzen Sie die Entwicklung des Wohneigentums ein?

Die Wohneigentumsquote liegt in Deutschland bei 45 Prozent und damit im europaweiten Vergleich ganz hinten. In Berlin ist in dieser Hinsicht besonders viel Luft nach oben – mit einer Eigentumsquote von aktuell lediglich 17,4 Prozent. Gerade Bewohnern gefragter Metropolregionen wie Berlin, Alleinstehenden und Menschen mittleren Alters droht ohne Wohneigentum Altersarmut. Schon eine kleine Eigentumswohnung kann das verhindern.

Eine Studie des Pestel-Instituts aus 2018 belegt: Über ein Drittel der Menschen in Deutschland erhalten ab 2030 eine gesetzliche Rente von 800 Euro oder weniger. Damit kommt nur aus, wer im Alter keine Miete mehr zahlt. Zielstellung muss sein, mehr Menschen durch konsequente staatliche Förderung ins Wohneigentum zu bringen. Das Baukindergeld der Regierung ist nicht ausreichend, zumal weite Teile der Bevölkerung davon nicht profitieren.

Das jüngst diskutierte, drohende Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist für das Ziel, Altersarmut durch Wohneigentum zu vermeiden, ein Schritt in die völlig falsche Richtung und verschärft das Problem deutlich. Wird dem Markt auf diese Weise Ware entzogen, steigen die Preise nur noch stärker an.

Herr Moayedi, Sie sind auch Lizenzpartner von Engel & Völkers in Magdeburg. Sehen Sie auf dem ostdeutschen Immobilienmarkt besondere Chancen, die Sie unternehmerisch reizen?

Definitiv, ostdeutsche Städte wie Leipzig und Dresden, aber auch Halle (Saale) und Erfurt sind als Hochschul- und Forschungsstandorte Wachstumszentren mit hohem Zuzug und steigender Kaufkraft. Gerade die Landeshauptstadt Magdeburg hat sich als Standort innovativer Unternehmen und praxisnaher Forschung in den letzten Jahren sehr gut entwickelt. An der Otto-von-Guericke-Universität studieren mittlerweile rund 14.000 junge Menschen.

Gleichzeitig zeigt der Deutschlandmarktbericht 2020 von Engel & Völkers Commercial, dass die ostdeutschen Städte im Bundesvergleich immer noch günstig sind und entsprechend attraktive Anlageoptionen bieten. Gerade für Anleger, die beispielsweise schon Objekte in A-Städten wie Berlin besitzen und ihr Portfolio breiter aufstellen möchten, bieten sich hier gute Renditechancen für entwicklungsfähige Immobilien mit vergleichsweise günstigen Einstiegspreisen.

In Ihrer Heimatstadt Berlin veranstalten Sie das „Private Real Estate Dinner“, bei dem Sie Business mit Philanthropie verbinden und neben dem geschäftlichen Austausch Spenden für gute Zwecke sammeln. Wie kam es zu diesem Engagement?

Die Idee dieser Abende war ursprünglich, den Gästen aus meinem engen Netzwerk etwas Persönliches zurückzugeben. Seit mittlerweile sechs Jahren kommen wir in diesem Rahmen im Januar zusammen. Dabei verzichte ich bewusst auf den üblichen Veranstaltungsmarathon zum Jahresende, als auch auf die üblichen Geschenke. Vielmehr entstand mit dem „Private Real Estate Dinner“ auch die Idee, gemeinsam etwas für unsere Stadt zurückzugeben – frei nach Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer, man tut es.

Dabei ist mir als Berliner und als Familienvater der Bezug zu Projekten aus und für Berlin sowie für Kinder besonders wichtig. So konnten wir 2019 insgesamt rund 50.000 Euro für die Björn Schulz Stiftung sammeln, die mit dem Sonnenhof-Hospiz in Berlin-Pankow Familien mit lebensverkürzend erkrankten Kindern begleitet.

In diesem Januar kam dann im Rahmen einer Stillen Auktion die Rekordsumme von mehr als 100.000 Euro zusammen. Die Spendengelder gingen zum einen an die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. Der Verein engagiert sich für rund vier Millionen betroffene Kinder und Erwachsene in Deutschland. Das zweite unterstützte Projekt war die Anschaffung eines neuen OP-Roboters für die Kinderneurochirurgie an der Charité Berlin, Deutschlands größter Einrichtung mit dieser Spezialisierung für die jüngsten Patienten.

Über dieses großartige Ergebnis bin ich immer noch begeistert und allen Gästen sehr dankbar für ihre fantastische Unterstützung.

Lassen Sie uns abschließend noch einen Blick in die Zukunft werfen, Herr Moayedi. Wie wird der Berliner Immobilienmarkt im Jahr 2030 aussehen? Und welche ganz persönlichen Pläne und Ziele haben Sie für das nächste Jahrzehnt?

Wie so vielen anderen haben auch mir die vergangenen Monate der Corona-Krise noch einmal vor Augen geführt, wie wichtig es ist, die eigenen Werte wieder mehr in den Fokus zu nehmen. Das bedeutet für mich vor allem, auf gute Gesundheit zu achten und genug Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, als es der Alltag mitunter zulässt.

Für Berlin und den Immobilienmarkt wünsche ich mir mehr politische Verantwortung für eine zukunftsfähige Entwicklung – mit einem klaren Fokus auf den Neubau. Verbunden mit der Hoffnung, dass Berlin investorenfreundlicher wird; dass die Verwaltung bürokratische Hürden abbaut und dringend benötigte Projekte schneller auf den Weg bringt, die Wohnraum für die Stadt und ihre Menschen schaffen. Und dass Regulierungen, die kontraproduktiv wirken und deren finanzielle Mittel der Mehrheit der Bevölkerung nicht zugutekommen, überdacht beziehungsweise revidiert werden. Dazu zählen die Millionen, die die Bezirke im Rahmen des Milieuschutzes in den Vorkauf einzelner Häuser investieren, anstatt in den Neubau.

Insbesondere erwarte ich, dass das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel eindeutig für verfassungswidrig erklärt und so wieder Rechtssicherheit für alle Beteiligten herstellt. Bereits jetzt, rund ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Mietendeckels, zeigt sich, wie dringend Berlin diese Entscheidung benötigt.

Vielen Dank für das Gespräch!